Neuschloß

Vorbei am Gasthaus Heide, früher befand sich hier eine Bedarfshaltestelle der Bahnlinie Worms-Weinheim, die eine Zeitlang von den Spargelbauern des Gebietes Heide recht häufig benutzt wurde, fahren wir entlang des Waldrandes in Richtung Neuschloß. Nach Überquerung des Seeweges, er ist heute asphaltiert und zur Straße ausgebaut und beginnt an der L 3110 (Hundedressierplatz), erreichen wir nur ein kutzes Stück von der dort vorspringenden Waldecke, den Platz, an dem die Lampertheimer Pechöfen standen. Von hier bis zum Rest des ehemals kurfürstlich pfälzischen Jagdschlosses Neuschloß sind es nur wenige Minuten. Kurfürst Friedrich 1., der Siegreiche genannt, oder auch“ Der tolle Fritz“, war der Erbauer des Schlosses, das um das jahr 1465 entstand. Schon ab dem Jahre 1387, mit dem Beginn der Steiner Pfandschaft, besaßen die Pfälzer erhebliche Rechte, doch erst mit der Bergsträßer Pfandschaft (1461) hatten die unermüdlichen pfälzischen Jäger Zutritt zu dem wildreichen Jagdgebiet des Lorscher Wildbanns, Teil ausgedehnten Forehahi. Sehr bald begannen sie dann auch mit dem Bau eines Jagdschlosses, das nach seiner Fertigstellung sehr häufig fürstlichen Besuch hatte.

Während der pfalz-bayrischen Fehde (1504), als der hessische Landgraf Wilhelm 2. In kaiserlichem Auftrag die Reichsacht vollzog, wurde Neuschloß zum ersten Mal zerstört und völlig ausgebrannt. Der Aufbau scheint aber bald danach begonnen worden zu sein, denn mit dem Beginn des Wormser Reichstages (1521) ist Neuschloß bereits wieder Ziel zahlreicher Ausritte von Worms in den nahen Wald. Auch Kaiser Karl 5. Ritt von Worms nach Neuschloß und war vom 2.-4. Januar dort zu Gast. Um das Jahr 1553 scheint der Wiederaufbau und eine Vergrößerung des Schlosses beendet.

Erneut kaiserlichen Besuch von Maximilian 2. Ist im Dezember 1562 vermerkt.

Zu bemerken ist sicher noch die wahrscheinlich erste Veranstalltung eines ausgedehnten Kriegsspiels (Manöver) auf deutschem Boden hier in Neuschloß, als Friedrich 4., für seinen ausschweifenden Lebenswandel hinreichend bekannt, am 15. Juni 1608, rund 12.000 Mann und 5000 Pferde im Gebiet um Neuschloß miteinander „schamitzeln“ ließ.

Nachdem zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges immer noch Besuche der Kurfürsten in Neuschloß vermerkt sind, geht es, zusammen mit dem Dorf lampertheim, im Jahre 1622 erneut in Flammen auf und wird im Verlaufe nachfolgender Kämpfe erheblich zerstört. Ein Wiederaufbau erfolgt nicht mehr. Nach Abschluß des Austauschvertrages von 1705 ist der Bischof von Worms sogar damit einverstanden, er ist inzwischen wieder Alleinherscher im Amt Stein, daß sich die Lampertheimer aus der Schloßruine mit Baumaterial versorgen. So sind einige Häuser in Lampertheim, auch das Seegut in Hüttenfeld, nachweißbar mit Steinen aus Neuschloß gebaut.

 

Ein neues Kapitel begann im Jahre 1827, als die Genehmigung zum Betrieb einer Sodafabrick in Neuschloß erteilt wurde. Im Bereich des ehemaligen Schloßgeländes entsteht eine ausgedehnte chemische Fabrik, in der neben vielen Lampertheimern auch schon Arbeiter aus den umliegenden Dörfern beschäftigt werden. Von der ehemaligen Schloßanlage werdendie erhaltenen gebliebenen Gebäude, wie der Wirtschafts- und Beamtenbau, der Marstall und eine Scheune in die Fabrikanlage integriert, sie blieben benutzt bis zum Jahre 1927

Die Rohstoffe wurden zu einem großen Teil auf dem Wasserwege herangeschaft und am Altrhein auf Bauernfahrzeuge umgeladen, die den Transport nach Neuschloß übernahmen. Nach dem Bau eines Anschlußgleises war die direkte Anfuhr auf dem Schienenwege möglich geworden. Die tägliche verkehrende Werksbahn, die Lokomotive wurde wegen ihres auffalnden Schornsteins „de Gießstobbe“ genannt, übernahm gleichzeitig den Transport der Arbeiter und gelegentlich auch der Neuschlösser Schulkinder, die täglich zum Schulbesuch nach Lampertheim mußten.

Als im Jahre 1927 das Unternehmen die Produktion aufgab, als der 60m hohe Schornstein gesprengt wurde und die meisten Werkshallen abgebrochen wurde, blieben von der Chemischen Fabrik das Direktionsgebäude, das in den Besitz des Forstamtes überging und die ehemalige Werkskantine, heute das Gasthaus „el Morro“ früher „Zur Kurpfalz“.

Von der alten Schloßanlage überlebte der Wirtschafts- und Beamtenbau, an dessen Ostgiebel inzwischen die beiden steinernen Pfosten angebracht worden waren, zwischen denen sich einst ein großes schmiedeeiserenes Tor befand.

Einige Steinfragmente aus Neuschloß befinden sich heute im Heimatmuseum.

Eine Skizze aus dem Jahre 1708 vermittelt uns in etwa einen Eindruck des ehemaligen Schloßgeländes. Wir erkennen im Vordergrund den Wirtschafts- und Beamtenbau, links daneben Marstall und Scheune. Im Hintergrund rechts befand sich der Fürstenbau mit einem etwa 30 m hohen Turm und dahinter eineige Tagelöhnerhäuschen.